Politische Vorbilder

Wenn ich an Menschen denke, die mein politisches Denken beeinflusst haben, denke ich vor allem an Elisabeth Selbert und Egon Bahr.

Elisabeth Selbert (1896 -1986) ist es zu verdanken, dass der Artikel 3 („Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“) ins Grundgesetz aufgenommen wurde. Sie gilt als eine der vier Mütter des Grundgesetzes. Die streitbare Juristin musste damals gegen die patriarchalischen Vorstellungen der Väter des Grundgesetzes kämpfen. Es dauerte noch bis 1977, bis das Bürgerliche Gesetzbuch das Vorrecht des Mannes, über die Aufgabenverteilung in Ehe und Beruf zu entscheiden, abschaffte. Im selben Jahr wurde auch das Schuldprinzip zugunsten des Zerrüttungsprinzips bei Scheidungen abgeschafft. Ein Prinzip, für das Selbert schon 1930 gestritten hatte, um Trennungsprozesse zu entgiften. Sie war ihrer Zeit voraus.

Der Journalist Egon Bahr (1922-2015) war der engste politische Berater von Willy Brandt. In seiner Tutzinger Rede von 1963 beschrieb er die Grundzüge der neuen Ostpolitik, die zu einer Entspannung im Kalten Krieg führen sollte. „Das Vertrauen darauf, dass unsere Welt die bessere ist, die im friedlichen Sinne stärkere, die sich durchsetzen wird, macht den Versuch denkbar, sich selbst und die andere Seite zu öffnen und die bisherigen Befreiungsvorstellungen zurückzustellen.“ Die subtile Kritik an Adenauers Alleinvertretungsanspruch mündete in die die Westpolitik ergänzende Ostpolitik Willy Brandts. - Ich sah Egon Bahr einmal auf dem Bahnhof in Hannover. Ich scheute mich, ihn einfach anzusprechen und ihm zu sagen, wie er mich inspiriert hat.